In diesen Seiten möchte ich versuchen, auf die andere Seite zu treten, soweit das einem Menschen möglich ist. Denn unsere eigene Seite und Blickrichtung ist uns so vertraut und selbstverständlich, dass wir die andere Seite oft gar nicht wahrnehmen oder auch nur ahnen können.
Absolut natürlich und völlig in Ordnung ist es, dass wir die Welt und alle Dinge aus unserer eigenen Blickrichtung ansehen. Ich selbst bin nun einmal das Subjekt, das aktiv hinsieht und erlebt, was vor sich geht. Ich bin es immer selbst, der die Dinge erfährt und ich muss sie messen an dem, was ich schon kenne, was ich bisher erfahren habe.
Der Mensch ist das Maß aller Dinge, denn nur der Mensch kann überhaupt so messen, dass es etwas für ihn selbst bedeutet. Oder anders ausgedrückt: Ich bin immer die Mitte meiner eigenen Welt.
Und dennoch wage und versuche ich, einmal die andere Seite anzusehen. Denn mit noch viel, viel größerer Berechtigung gilt natürlich der selbe Satz für Gott:
Und das ist mein Ausgangspunkt: Wir Menschen leben in Gottes Welt — nicht in der Welt des Zufalls und schon garnicht in unserer eigenen Welt, so sehr wir sie als unsere persönliche Welt wahrnehmen mögen.
Gott erschuf die Welt mit ihrer Materie, ihrem Raum und ihrer Zeit. Einmal ganz abgesehen davon, wie Er das getan hat. Dies ist das Zeugnis der jüdischen Torah und damit der christlichen Bibel, wie auch die Moslems glauben, dass Gott die Welt erschaffen hat, so dass sie absolut Sein Eigentum ist.
Es ist sinnlos darüber zu diskutieren, oder so zu tun, als müssten wir dauernd die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass diese Welt von allein, auf Grund von Naturgesetzen entstanden sein könnte.
Wenn es jedoch Gottes Welt ist, dann müsste es doch denkbar sein, einmal Seinen Standpunkt einzunehmen, oder zumindest zu suchen: Was ist diese Welt für IHN?
Natürlich ist das auch wahnwitzig! Als würden die Programme im Computer anfangen, sich Gedanken zu machen darüber, was der Programmierer damit will und sich gedacht hat. Wir dürfen bei allem Bemühen um Erkenntnis nie vergessen, dass wir zeitlich und räumlich in engen Grenzen leben und nicht selbst über unseren Horizont hinaussehen können.
Und doch sind wir nicht wie die Tiere in unserem Denken und Wahrnehmen begrenzt. Es ist schon etwas Besonderes, dass wir „im Bilde Gottes“ erschaffen sind. Das ist so ausdrücklich hervorgehoben in dem Gedicht von der Erschaffung der Welt in Genesis 1. Die Tiere sind erschaffen, ein jedes „nach seiner Art“ — und das war/ist gut. Doch dann spricht Gott: „Ich will (das Wesen) 'Mensch' machen in unserem Bild und unserer Ähnlichkeit. Sie sollen über den Fischen und Vögeln und allen Tieren der Erde stehen, und sollen über sie regieren und über die ganze Erde mit allem, was sich auf ihr regt und bewegt.“ Eindeutig hebt Gott hier den Menschen über die Tierwelt hinauf und bringt uns in Seine eigene Nähe, was immer es genau bedeuten mag: „nach Gottes Bild“ geschaffen zu sein.
Der Schöpfungsbericht in Genesis 2 geht in gewisser Weise darüber hinaus, wenn es heißt (Vers 5), dass noch kein Gewächs auf Erden war, weil es noch nicht geregnet hatte und auch kein Mensch da war, den Erdboden zu bearbeiten. Hier pflanzt Gott — in umgekehrter Reihenfolge zu Genesis 1 — den Garten um den Menschen herum und die Tiere zu seinen Gefährten. Daraus entnehme ich dass wir in Gottes Augen für die Erde einen besonderen Platz einnehmen zwischen Ihm und allem, was sonst noch geschaffen ist.
Doch hier wird auch erkennbar, dass alles, was ist, von Gott her ist, und auf Ihn hin, für Ihn, zu Seiner Freude. Er ist es, der es „sehr gut“ nannte. Es ist nun einmal Gottes Welt, in der wir leben. Und mein ganzes Sehnen ist, dies deutlich zu machen, so dass wir Freude gewinnen, Ganz nahe mit Gott zu gehen.
„Gott, ich finde das ungeheuer spannend – manchmal auch bedrohlich –, dass Du so anders bist, so außerhalb und jenseitig. Und trotzdem möchtest Du, dass wir mit Dir gehen und ganz nahe bei Dir sind. Aber das können wir ja nur in unserer Welt! Also musst Du mich dazu an der Hand nehmen und mich führen. Bitte nimm mich mit, ich bin gespannt darauf. Danke!“